Russische Gastfreundschaft in Nowosibirsk

29 09 2015

Do. 24.9. – Fr. 25.9.

 

Der Aufenthalt in Nowosibirsk begann mit einer Unachtsamkeit meinerseits. Die Kommunikation mit meinem Host Svetlana verlief schon Tage zuvor problemlos, da wir viel über Whattsapp kommunizierten und ich ihr meine Ankunftszeit 14:40 Uhr früh mitteilen konnte. Als ich mich dann im Zug auf den Ausstieg vorbereiten wollte und meine Sachen packen wollte, merkte ich, dass noch nicht so richtig Aufbruchstimmung im Wagon herrschte, woran man immer merken konnte, dass man in Kürze eine größere Stadt erreichte (und dazu gehörte Nowosibirsk zweifelsohne). Ein Blick auf die Kilometersteine zur Rechten des Zuges verriet mir, dass es noch mehr als 200 Km bis Nowosibirsk sind, was angesichts der erwarteten Ankunftszeit nicht stimmen konnte. Erst ein Hinweis meiner freundlichen Hockeynachbarn (siehe bald im Kapitel zur Transsib) ließ es mir wie Schuppen aus den Haaren fallen: Die auf dem Ticket angegebene Zeit war nicht die Ortszeit, sondern die Moskauer Zeit! Es waren also noch 3 Stunden bis nach Nowosibirsk und prompt war die ganze schöne Kommunikation mit Svetlana hinüber, da ich sie jetzt darauf hinweisen musste, dass ich erst um 17:40 Uhr ankam. Das war angesichts der lückenhaften Datenübertragung der sibirischen Tiefebene und Spontaneität meiner Eilmeldung gar nicht so einfach. Es blieb mir nichts anderes übrig, als bis 20:30 Uhr auf sie zu warten, was sich aber durch eine glückliche Fügung als angenehmer als zunächst erwartet herausstellte.

Als ich am Bahnhof ankam, machte ich mich auf die Suche nach den in meinem Reiseführer beschriebenen Gepäckaufbewahrungen. Als ich diese fand, konnte ich mit den darauf angebrachten Erklärungen zur Benutzung jedoch nicht allzu viel anfangen, weswegen ich die nächstbesten Russen, die aussahen, als sprächen sie evt. Englisch ansprach. Es handelte sich dabei um eine Gruppe von sehr liebenswürdigen, hilfsbereiten Mitdreißigern, die mir nicht nur äußerst gerne bei der Benutzung der Safes behilflich war, sondern mich ohne größere Umschweife mit in die nächste Kneipe nahmen, da sie ebenfalls Wartezeit zu überbrücken hatte. Es ergab sich eine nette Bekanntschaft, wie sie wohl nur auf solchen Reisen geschehen kann. Absolut zufällig, spontan und vollkommen unerwartet. Die nächsten 2 Stunden waren kurzweilig und angenehm. Mich bei der Rechnung für unsere Getränke und die gemeinsame Snackplatte zu beteiligen war aussichtslos, sie übernahmen alles mit der Begründung, dass ich Gast in Sibirien bin.

Unerwartete gesellige Runde im Irish Pub

Unerwartete gesellige Runde im Irish Pub

Nach der Verabschiedung, bemerkte ich, dass sie ebenfalls die Rechnung für den Gepäcksafe übernahmen, denn zu meiner Verwunderung wollte die zuständige, äußerst korrekte Dame kein Geld von mir. Vielen Dank ihr Lieben!

Die Bahnhofshalle in Nowosibirsk

Die Bahnhofshalle in Nowosibirsk

 

Als Svetlana und ich uns trafen, musste ich endgültig erkennen, dass Gastfreundschaft in Sibirien kein Zufall ist. Svetlana ist vermutlich der gastfreundlichste Host, den ich jemals treffen werde. Hätte ich nicht mit Eisernheit darauf bestanden, hätte ich an den beiden Tagen mit ihr gar kein Geld ausgegeben. Svetlana wollte mir jegliche Ausgaben ersparen, Getränke, Essen, als auch die Taxifahrt wollte sie übernehmen, mit der Begründung, ich sei ihr Gast. Bei ihr zu Hause hat sie sowohl abends noch, als auch am nächsten morgen für mich gekocht und mir auch sonst alles angeboten, was sie hatte. Freitagmittags haben wir einen Spaziergang durch Nowosibirsk gemacht, von dem sie mich nach Hause gebracht hat, nur um dann gleich wieder in die Stadt zu fahren, um zu unterrichten. Ein absolutes Goldstück. Abgesehen davon haben wir uns auch sonst wunderbar verstanden, die Wellenlänge hat gestimmt.

Tram in Nowosibirsk

Tram in Nowosibirsk

 

Nowosibirsk ist weniger schön wie Moskau oder Nizhnij Nowgorod, was aber auch nicht erwarten war. Mein Reiseführer über die Transsib beschreibt Nowosibirsk als nur bedingt sehenswert; nur wer einen Eindruck in „echtes sibirisches Leben“ erhalten möchte, sollte einen Stop dort überlegen. Dafür hat sich der Aufenthalt aber allemal gelohnt. Die Stadt, in der der Kommunismus deutlich stärker spürbar ist, da die Stadt überhaupt erst seit gut 130 Jahren existiert, hat ihren eigenen Charme, der sich einerseits aus Zerfall und andererseits aus westlichen Einflüssen zusammen setzt. Hier sehen die Plattenbauten noch grauer und trostloser aus und die Tür zu Svetlanas Wohnung gleicht endgültig einer Tür in einen Atomschutzbunker „The door to my submarine“.

Mein Host Svetlana

Mein Host Svetlana

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Die Stadt liegt an einem der größten Flüsse Russlands, dem Ob, welcher diese in zwei Teile teilt. Auf der einen Seite waren früher Industrie und die dazugehörigen Arbeiter angesiedelt, auf der anderen Seite Gewerbe und Bürokratie (und Wohnbereich). Heute sind die Teile nicht mehr so strikt getrennt, auch wenn der nördliche Teil der Stadt deutlich wohnlicher ist, als der südliche. Der Spaziergang lässt sich gut durch einige der Bilder beschreiben.

Abends sind wir dann noch etwas Essen gegangen und auf der Suche nach einem gemütlichen Lokal, um ein Abschiedsbier zu trinken in zwei verschiedenen Örtlichkeiten gelandet, deren Atmosphäre mir sehr gut gefallen hat. Mit Sack und Pack bin ich in beiden Lokalen sofort aus aufgefallen, aber keineswegs negativ. Im ersten Lokal wurde ich nach umgehender Inspektion des örtlichen Tischkickers angesprochen. Zu mehr als einem netten Wortwechsel kam es aber nicht.

Diese Kirche stellt den Mittelpunkt Russlands dar. Das behaupten zumindest die Bewohner von Nowosiibirsk ;)

Diese Kirche stellt den Mittelpunkt Russlands dar. Das behaupten zumindest die Bewohner von Nowosiibirsk 😉

Als ich mich dann von Svetlana verabschiedete sollte der nächste und letzte Abschnitt in Russland beginnen. Die Reise zum Baikalsee.

Svetlana und ich

Svetlana und ich

Auch in Nowosibirsk darf eine Leninstatue nicht fehlen. Ein guter Platz zum skaten.

Auch in Nowosibirsk darf eine Leninstatue nicht fehlen. Ein guter Platz zum skaten.



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