Eispannen, Treppen und ein betrunkener Deutscher. 2 Nächte in Nizhnij Nowgorod

29 09 2015

 

So. 20.9. – Di. 22.9.

 

Sonntags abends kam ich pünktlich in Nizhnij Nowgorod an. Die freundliche Frau, von der ich im Kapitel über die Transsib erzählen werde, die mir alles nachmachte, wies mich am Bahnsteig in eine Richtung, der ich nach standesgemäßer Verabschiedung folgte. Leider stellte sich jedoch heraus, dass ich dort nicht alzu weit kam, da bereits um die nächste Ecke der Gang, dem ich folgte, in die Metrostation führte. Nun bin ich etwas hektisch geworden. Auf der einen Seite hatte ich Maria, mein Host für die nächsten zwei Nächte bereits per Whattsapp unterrichtet, dass ich angekommen bin und diese mir auch schon versicherte, dass sie „under the chandelier“ wartet. Auf der anderen Seite war es mir nicht in der Lage, der Dame, die die gültigen Tickets für die Metrostation entgegennahm, zu erklären, dass ich zum Ausgang wollte. Selbst die Übersetzung, die ich ihr auf meinem Handy zeigte, stellte sie nur vor ein großes Rätsel, so dass sie erst ihre Kollegin rufen musste, die mich prompt in die komplett andere Richtung lotste. Schnellen Schrittes sind wir dann wieder dort hingelangt, wo ich herkam, allerdings von dort aus einen anderen Weg eingeschlagen, der dann tatsächlich Richtung Ausgang führte. Maria wartete immer noch auf eine Antwort von mir und ich wusste zudem nicht, was sie mit Chandelier meinte. Als ich dann draußen war, konnte ich zumindest nachschlagen, was Chandelier bedeutet, „Kronleuchter“. Aha. Wo ist hier bitteschön ein Kronleuchter. Ich beschloss sie anzurufen und just in dem Moment bemerkte mich die Nachahmer-Dame, die unweit von mir mit ihrer Mutter stand. Als ich Maria am Telefon hatte, schlug ich ihr vor, mit der Nachahmer-Dame zu sprechen, da so sicherlich die Positionsbestimmung am einfachsten war. Das hat dann auch geklappt und Maria und ich haben uns begrüßt.

Wir trafen zunächst ihren Freund Max, wohl eher zufällig als geplant, der grad von einem Fussballspiel kam und eigentlich zunächst Zuhause duschen wollte und sich um die seit diesem Tag vermisste Katze zu kümmern. Von da an begann ein amüsantes Schauspiel zwischen den beiden, was auch locker einem Loriot-Sketch hätte entstammen können. Scheinbar hat Max sich zunächst genötigt gefühlt, direkt mit uns mitzukommen und auf der Suche nach einer Kneipe, um eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken herrschte eine Uneinigkeit zwischen den beiden, bei der ich nur schwer mein Schmunzeln verbergen konnte. Max hatte eine Örtlichkeit im Kopf, die Maria aber zu weit war, weswegen sie vorschlug, zurück zum Auto zu gehen. Das hätte sich nach Max´ Meinung aber nicht gelohnt. Zudem waren wir etwas unter Zeitdruck, weil Maria nicht zu spät zu Hause sein wollte, da sie noch einiges für ihre morgige Unterrichtseinheit vorzubereiten hatte. Deswegen schlug Max vor, zurück zum Auto zu gehen, um dieses zu holen, was Maria jedoch auch ablehnte usw…es war unterhaltsam, den beiden zuzuhören und mir tat es ein wenig Leid. Leider haben meine Versuche, so viel Druck wie möglich aus der Situation herauszubringen nicht wirklich gefruchtet, aber so schlimm war es ja auch nicht. Im Endeffekt sind wir dann im Lokal gelandet, welches Max vorgeschlagen hat und ich bekam ein leckeres Sandwich und gutes Bier. Außerdem war der etwas weite Weg ein schöner Spaziergang durch das nächtliche Nizhnij Nowgorod.

Bei der Gelegenheit lässt sich gut die Gastfreundschaft von Maria und Max ansprechen. Bei ihnen zuhause habe ich mich schnell sehr wohl gefühlt und auch die Tatsache, dass die Heizung nicht (richtig) funktionierte, war nicht weiter störend. In den beiden Tagen haben die beiden mir den Aufenthalt sehr angenehm gestaltet und mir trotz ihres sehr vollen Zeitplans sehr viel Zeit gewidmet. Wieder einmal ein tolles Beispiel für russische Gastfreundschaft.

 

Den nächsten Vormittag verbrachte ich im Bett, mittags backten Maria und ich (eher Maria, als ich) russische Pfannkuchen (klingen so ähnlich wie „Blini“…die richtige Schreibweise habe ich gerade nicht parat). Nachmittags führte Maria mich dann zur Hauptattraktion der Millionenstadt: Der Kreml mitsamt einer direkt daneben liegenden imposanten Treppe, die den Steilhang hinunterführt, auf den Der Stadtkern zuführt. Auch in dieser Metropole beweisen Russen, dass sie ein Gespür für Architektur und Raumaufteilung innerhalb einer Stadt haben. Die zentrale Flaniermeile führt leicht abfallend auf den Kreml zu, sodass man diesen von oben kommend stets im Blick hat und gegen Ende den Eindruck bekommt, auf das Meer zuzulaufen. Vor Allem wenn man, wie ich, nicht weiß, dass am hinteren Ende des Kremls ein Steilabhang ca. 80 m in die Tiefe bis zum Ufer der Wolga ragt, dann ist der Überraschungseffekt umso größer. Bilder sagen hierbei mehr als Worte.

Maria und ich an der Treppe Richtung Wolga

Maria und ich an der Treppe Richtung Wolga

Leider war die Treppe Schauplatz eines tragischen Unglückes: Der eh schon leicht angeschlagenen, weil sehr erschöpften Maria ist das zuvor gekaufte Eis nach ein paar Leckern runtergefallen. Nachdem ich sie beruhigen konnte und wir eine Schweigeminute für das Eis eingelegt haben, konnten wir Passanten überreden ein paar schöne Fotos von uns zu machen. Im Folgenden spazierten wir entlang der Kremlmauer dem wunderschönen Sonnenuntergang entgegen, einer der Highlights meiner bisherigen Reise.

An der Kremlmauer

An der Kremlmauer

Später am Abend nahm mich dann Max entgegen, da Maria noch Dinge zu erledigen hatte. Zusammen spazierten wir am Wolgaufer entlang und haben uns sofort gut verstanden. Später sind wir dann noch in die sog. „Rockbar“ eingekehrt, wo wir gut aßen und gutes Bier hatten. Allerdings ereignete sich dort eine weniger angenehme Begegnung und zwar ausgerechnet mit einem Deutschen. Als Max und ich uns über Fussball, die nächste Weltmeisterschaft in Russland und das russische Team unterhalten, schaltete sich einer von zwei Deutschen am Tisch hinter uns ins Gespräch ein. DSCN3415Dessen Alkoholkonsum war sofort nach den ersten Sätzen gut erkennbar, da er mir auf völlig absurde und dazu auch noch aggressive Art und Weise widersprach. Sein Kumpel schämte sich sichtlich für ihn, war aber auch nur mit Mühe in der Lage, die unangenehme Situation zu beenden. Im Endeffekt half dann nur, dass mein Essen kam und ich mich dann einfach damit beschäftigte, als mit dem Idioten weiter zu kommunizieren. Der Wortwechsel geschah übrigens ungefähr so:

 

Ich zu Max: “Portugal has Christiano Ronaldo, Argentina has Messi, but Germany has a Team and that´s why they won the last…”

Idiot: Ey, aaalso isch muss jetzt ächt mal sagen, dass Deutschland wirklisch das bessste Team der Welt ist und jeder der das nicht kapiert, der is einfach n Spast (tauscht Sitzplatz mit seinem Kumpel um neben mir zu sitzen und um mir beim Plappern ausversehen ins Gesicht zu spucken).

Die große Treppe von unten betrachtet

Die große Treppe von unten betrachtet

Lichtspiele

Lichtspiele

Ich: Aja richtig, ich sag ja auch nur, dass Deutschland ein richtiges Team ist und…

Idiot: Aj was redest du denn dann da auch? Deutschland ist die beste Mannschaft der Welt und jeder der das nicht kapiert…“

 

Danach konnte ich noch eine Partie Billard gegen einen Typen aus Nowgorod gewinnen, dass mich dann doch sehr zufrieden das Lokal verlassen ließ.

 

Am nächsten Tag war ich ein paar Stunden allein unterwegs, spazierte an der Wolga entlang und fuhr mit einer Seilbahn über diese, was mir eine schöne Aussicht auf die Stadt bescherte.

Abends ging es dann mit Bus zurück zum Bahnhof, um mit dem Zug nach Nowosibirsk zu fahren.

Lächelndes Wall-E Fernglas :)

Lächelndes Wall-E Fernglas 🙂

 



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