Die Rundtour Tag 1

31 10 2015

3.10.

Die Tour startete morgens um Halb 8. Die Crew bestand aus Charyssa, eine 34 jährige Holländerin auf Weltreise, Brian, ein 50 jähriger Brite ohne Zunge (durch Zungenkrebs verloren, oft schwer zu verstehen, aber immer ne gehörige Portion Humor im Gepäck), mir, unserem weiblichen Tourguide Alma und unserem Fahrer Nyemma.

Ulan Bator unter einer Dunstglocke

Ulan Bator unter einer Dunstglocke

Unser erstes Ziel war eine Klosterruine im an Ulan Bator angrenzenden Gebirge. Dorthin fuhren wir ca. 1 Stunde mit dem Auto. Im Nachbarort wurden wir ausgesetzt wo wir dann auf Pferde umstiegen. Ja, wir reiteten auf Pferden durch die Mongolei. Das war ein Gedanke mit dem ich mich sehr schnell sehr angefreundet habe und den ich auch sehr gerne immer wieder im Kopf hin und her wälzte. Manchmal bekommt man solche Bewusstseinsschübe nach dem Motto „wow, das machst du jetzt wirklich“.

Zunächst hat unser Begleiter an der Leine geführt, jedoch war bald ich der jenige, der sein Pferd alleine führen durfte. Warum auch immer. Im Schritttempo sind wir dann gute eineinhalb Stunden an einer Hügelkette entlang geritten, bis wir am Eingang zum Nationalpark ankamen. Dort erwarteten uns Nyemma und Alma um für uns Essen zu machen. Generell gab es drei mal pro Tag Essen, weswegen es uns vor Allem in Kombination mit der noch kommenden Gastfreundschaft der Nomaden an nichts mangeln sollte.

Danach machten wir uns auf den Weg zur Klosterruine. Nach einigen Geschichtseinheiten von Alma bekamen wir eine halbe Stunde, um auf dem Gelände herum zu turnen. Dabei stellte ich mich schnell als der Kletterer der Gruppe heraus und machte mich sogleich daran, den Berg hinter der Ruine möglichst weit nach oben zu klettern. Von meinem Punkt hatte man einen fantastischen Blick ins Tal.

Blick ins Tal

Blick ins Tal

Auf dem Rückweg durften wir uns wieder die Pferde zu Nutze machen. Da Brian ein etwas widerspenstiges Ross erwischte, zog er es lieber vor, den Rückweg mit dem Auto zu vollziehen, während Charyssa und ich nun beide unangeleint reiten durften. Da die Pferde stets trabten, wurde das irgendwann ganz schön anstrengend. Die Hüftbewegungen des Pferdes führen dazu, dass man immer hoch und runter „dotzt“, was mit der Weile schmerzhaft für den Po wird. Nur einige Sekunden lang sind wir galoppiert. Davon hätte es gerne mehr sein dürfen, denn das machte ungeheuer Spaß. Außerdem hatte der Po dann etwas mehr Entlastung.

Nachdem wir den reitbaren Untersatz wieder gegen den fahrbaren austauschten, machten wir uns auf die Suche nach einer Familie für die erste Übernachtung. Nach ca. eineinhalb Stunden Fahrt Richtung Süden entschied Nyemma, den russischen Bulli aufs Land herauszufahren. Wir machten eine Familie aus und hielten neben ihrer Jurte. Der Familienvater kam auch so gleich aus der Jurte. Nach einem kurzen Gespräch wurde klar, dass sie uns nicht beherbergen konnten, da sie am nächsten Tag zu ihrem Winterquartier aufbrechen würden. Da kamen wir natürlich ungelegen. Jedoch ließ sich die Familie nicht entgehen, uns auf einen Tee in ihre Jurte einzuladen. Dies war ein erster Vorgeschmack auf die Gastfreundschaft der Nomaden. Und ein Vorgeschmack auf die kulinarischen Gewohnheiten der Nomaden. Da diese vor Allem von Tierzucht leben, sind die Produkte der Tiere ihrer Herden fast alleiniger Bestandteil deren Ess- und Trinkgewohnheiten. Im Grunde genommen trinken die Nomaden fast ausschließlich Milch: Schafsmilch, Ziegenmilch, Kuhmilch und zu besonderen Angelegenheiten auch Pferdemilch. Zu Essen gab es Fleisch der Tiere mit verschiedenen Beilagen. Oftmals werden damit Teigtaschen gefüllt, sogenannte „Dumplings“. Frisch zubereitet sind diese eine wahre Offenbahrung!

Mit sichtlicher Wehmut musste uns also diese erste Familie wieder verabschieden. Man merkte, dass sie nicht oft Touristen zu Besuch haben und diese Begegnung nicht nur für uns etwas Besonderes war.

Zehn Minuten später konnten wir die zweite Familie ansteuern, jedoch konnten wir dort noch nicht einmal aus dem Auto steigen. Grund dafür war eine wilde Herde von Hunden, die unser Auto aggressiv umrundeten. Der Jurtenbesitzer, erklärte, dass diese Hunde just an diesem Tag auftauchten und deren Verhalten nicht berechenbar sei, weswegen er uns lieber nicht aufnehmen würde – sehr zu meinem Leibwesen, denn die Familie hatte eine kleine Tochter, vielleicht 3 Jahre alt, die unglaublich goldig war.

Familienmitglieder und ich

Familienmitglieder und ich

Die dritte Familie konnte uns tatsächlich aufnehmen, was sie auch gerne taten. Dazu wurde uns als Willkommensgetränk Pferdemilch aufgetischt. Was für sie eine große Geste bedeutet, war für uns eher eine Überwindung. Pferdemilch schmerkt äußerst säuerlich und entspricht unseren westlichen Vorstellungen von Milch einfach so gar nicht. Jeder von uns hatte eine große Schale vor sich. Tapfer wie wir waren konnten wir jedoch alles trinken. Eine zweite Portion lehnten wir jedoch mit Hinweis auf unseren vollen Bauch dankend ab. Den Abend verbrachten wir gemeinsam in geselliger Runde. Nach einiger Zeit packte der beleibte Familienherr seinen Bauch aus und präsentierte ihn uns stolz.

Der Hausherr und sein potentieller Nachfolger

Der Hausherr und sein potentieller Nachfolger

Ihm ging es also sehr gut, die Familie war wohlgenährt – bei den Nomaden in gewissem Maße ein Statussymbol. Da wir Europäer sehr müde waren, waren wir froh, dass die Familie ebenfalls früh ins Bett ging. Sofort stellte sich ein sehr angenehmer Tag-Nachtrhythmus ein. Meistens legten wir uns gegen 21 Uhr, 21:30 Uhr schlafen, da es schlichtweg dunkel war und man müde war. Aufgestanden sind wir dann in der Regel gegen 7:30 Uhr. So auch am nächsten Tag. Zuvor legten wir uns alle gemeinsam in derselben Jurte schlafen. Nur Alma und Nyemma schliefen im Auto.

Abendstimmung bei den Nomaden

Abendstimmung bei den Nomaden

Unser Bus bei Sonnenuntergang

Unser Bus bei Sonnenuntergang



Welcome to Mongolia! – Die ersten Tage in Ulan Bator

31 10 2015

1.10. – 3.10.

 

Abends kamen wir in Ulan Bator an, wo wir zunächst von einer Horde wilden Taxifahrern überrannt wurden. Jeder hatte „good Price“. Allerdings hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon die Bekanntschaft zu einem Spanier bezahlt gemacht, der einerseits schon ein Hostel gebucht hatte, zu welchem er uns mitnehmen konnte. Außerdem hatte er schon einige Verhandlungsfähigkeiten, die uns bei der Rekrutierung eines Taxifahrers sehr behilflich waren. Als das Gepäck eingeladen war, ging es durch den Verkehrsdschungel von Ulan Bator. Eine gute Dreiviertelstunde waren wir unterwegs, bis uns das Taxi am „Golden Gobi“ herausließ, das selbsternannte „beste Hostel“ der Stadt. Mein Heim für die nächsten 2 Wochen.

Till und ich vor der Ankunft in UB

Till und ich vor der Ankunft in UB

Nachdem Till und ich die Zimmer bezogen und erste Bekanntschaften mit Hostelbewohnern schlossen haben wir bald die Fühler nach den Möglichkeiten einer Tourbuchung ausgestreckt. Dies hat mich zunächst einmal überfordert, denn man hatte unzählige Möglichkeiten. Touren wurden praktisch für jeden Teil der Mongolei angeboten. Welche Tour man buchen wollte hängte von den eigenen Vorlieben ab und dem herrschenden Wetter. Bei letzterem wurden Schlagworte wie „Minus 10 Grad bei Nacht“ und „Schlafsack“ genannt. Dafür war ich irgendwie nicht so wirklich vorbereitet. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass die Hostelbesitzerin uns Touren aufs Ohr drücken wollte, wo sich der skeptische Deutsche natürlich sofort innerlich dagegen sträubt. Ich machte die Bekanntschaft mit Charyssa, die ähnliche Vorstellungen einer Tour hatte wie ich. Uns war beiden wichtig, dass wir eine möglichst authentische Erfahrung machen können, denn es lag die Befürchtung nahe, dass viele Touren die Realität zugunsten des Showeffektes etwas verzerren und bestimmte Nomadenfamilien dafür bezahlen, dass sie uns eine kleine Zirkusnummer vorspielen. Die Entscheidung wurde aber auf den nächsten Tag verlegt, zunächst ging es indisch Essen. Das Essen war super, die Runde groß und gesellig. Spannend war auch die Bekanntschaft zu einem Österreicher der an diesem Tag von einer sechswöchigen Reise durch die Mongolei zurück kam. Dabei war er nur mit Rucksack und seinen eigenen zwei Beinen unterwegs. Es geht also immer noch etwas extremer.

Am nächsten Morgen verabredeten Charyssa und ich uns mit einem Engländer namens Brian, den sie bereits kennenlernte. Zu dritt hatten wir uns überlegt, ob wir entweder einen individuell arbeitenden Fahrer buchen wollen, der uns überall dorthin bringen könnte, wo wir hinmöchten. Da man bei dieser Option jedoch alles selbst organisieren muss, also Proviant, Sprit, Ausrüstung, haben wir uns dagegen entschieden und die Hostelbesitzerin mit unserem Wunsch nach Authentizität konfrontiert. Diese zauberte dann prompt eine Tour mit „Fokus auf Authentizität“ aus dem Hut. Das Ziel war die zentrale Gobiwüste. Der Clou dieser Tour sollte jedoch sein, dass unser Tourguide und der Fahrer Familien finden müssen, die uns aufnehmen. Das klang in unseren Ohren gut und wir willigten ein. Kostenpunkt bei 3 Personen: 625 Dollar. Deswegen war uns schnell daran gelegen, noch 1-3 weitere Personen für die Reise zu gewinnen, da dann die Kosten pro Person sinken würden. Da es am nächsten Tag losgehen würde und die Hostelbesitzerin noch alle nötigen Schritte in die Wege leiten müsse, hatten wir für die Werbung noch 2 Stunden Zeit. Glücklicherweise hatte sich Charyssa bereits einige Hostels auf ihrer Karte markiert, damit wir diese nach potentiellen Mitstreitern absuchen konnten. Außer einem netten Spaziergang durch Ulan Bator hat uns das jedoch nicht viel gebracht, denn wir haben niemanden gefunden, der sich uns anschloss. Die Größe der Gruppe hatte aber auch ihre Vorteile, wie sich bald herausstellte. Nachmittags machten Till und ich uns auf die Suche nach einem Markt, um dort warme Klamotten für die Touren zu kaufen. Ich brauchte vor allem noch einen dicken Pullover. Ich hatte zwar einen dabei, aber erstens war er mir nicht warm genug, zweitens schien es, als hätte ich ihn verloren…was sich später als Wahrheit herausstellen sollte. Vermutlich habe ich ihn im Restaurant tags zu vor liegen gelassen. Dinge zu verlieren gehört leider zum Reisealltag dazu. Da man kein richtiges Zuhause hat, wo man seine Habseligkeiten lagern kann, kommt es eben immer wieder vor, dass man Dinge verliert. Ich brauchte also einen Pullover. Auf dem Markt war ich etwas erschreckt über die Preisvorstellungen der Verkäufer. Kaum zum Handeln bereit, wollten sie für normale Pullover mehr als 20 Euro. Das war mir zu viel. Gegen Ende, nachdem ich bereits viel Spott und Hohn von einigen Verkäufern ob der Dreistigkeit meiner Preisvorstellungen bekommen habe, hat es mir jedoch ein Pulli besonders angetan. Besonders dick und weich und vor allem schön, wollte die Kassiererin abermals 20 Euro haben. Diesmal hatte ich jedoch ein gutes Argument auf meiner Seite, denn der Pullover hatte keine Kapuze, was tatsächlich etwas unpraktisch war, mich jedoch nicht wirklich vom Kauf abhalten wollte. Dennoch machte ich der Verkäuferin klar, dass ich den Pulli zwar schön finde, er ohne Kapuze jedoch mehr oder weniger nutzlos für mich sei. So konnte ich sie auf 10 Euro herunterhandeln und als ich ihr die Scheine vor die Nase hielt, konnte sie nicht mehr widerstehen. So hatte ich den Jackpot ergattert und zudem das Feilschen gewonnen, was mich glücklich machte.

Till und ich mussten dann Abschied nehmen. Da er einen viel engeren Zeitplan hatte, konnte er sich nur eine Tour über 4 Tage leisten. Der Zug nach Peking, bzw. das Flugzeug zurück nach Deutschland warteten. Unsere Tour sollte nun 9 Tage lang dauern, was für meinen Geschmack etwas zu lang war. Wenigstens passte es mit den Ferien der Chinesen zusammen, denn deren Botschaft war aufgrund dessen erst in 10 Tagen wieder geöffnet. Dort musste ich hin, um mein Visum für China zu beantragen.

 

 



Winter is Coming! Die Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn

13 10 2015

 

    20.9. – 30.9.

    Ich habe mich zugegebener Maßen die letzte Zeit immer etwas davor gedrückt, den Beitrag über die Fahrt mit der Transsib zu verfassen. Es ist gar nicht so leicht, all die Etappen und Eindrücke zusammen zu fassen. Außerdem steht der letzte Abschnitt von Ulan Bator nach Peking noch bevor und ein Teilabschnitt der Strecke von Moskau nach Peking habe ich gar nicht mit der Bahn, sondern mit dem Bus zurückgelegt. Somit sind die Erlebnisse, die man auf so einer Reise macht in keinster Weise vorhersehbar und schwer zusammenzufassen. Ich versuch einmal, vorne zu beginnen.

    Am Zug angekommen

    Am Zug angekommen

    Als ich nach 5 Tagen in Moskau endlich vor meinem Zug stand, der mich auf meinem ersten Streckenabschnitt nach Nizhnij Nowgorod bringen sollte, war ich äußerst aufgeregt. Der Wunsch, meine Reise mit der Transsib zu beginnen, war einer der ersten, der zu Beginn der Planung meiner Reise konkret wurde. Ich wusste immer, dass ich die Reise mit der Transsib beginnen wollte und da stand ich nun. Das Reisen mit der Transsib ist mittlerweile für mich selbstverständlich, aber wenn man ehrlich ist, dann ist so eine Fahrt für einen Deutschen eher etwas Exotisches. Und als Exot habe ich mich da auch gefühlt, denn ich war umgeben von Einheimischen. Nirgendwo waren andere Backpacker zu sehen und als sich der Zug in Bewegung setzte und ich eine erste Tour durch die Abteile machte, konnte ich auch keine weiteren Touristen entdecken.

    Glücklich im Zug

    Glücklich im Zug

    Zunächst einmal war ich beruhigt, dass es sich bei meinem Zug tatsächlich um einen der Transsib handelt. Es gibt nämlich nicht „die Transsibirische Eisenbahn“, es handelt sich dabei vielmehr um eine Strecke, die von Hunderten von Zügen frequentiert wird. Dabei gibt es Züge, die größere Abschnitte zurücklegen und damit eher als „Transsib“ bezeichnet werden dürfen und andere Züge, die nur Teilabschnitte befahren und sich auch äußerlich etwas von den Originalzügen unterscheiden. Das wichtigste war jedoch, dass die Züge dieselbe Strecke abfahren, wie sie schon Jahrhunderte zuvor errichtet wurde und dass sie sich innerlich gleichen, sodass auch in den nicht-originalen Zügen sofort Transsib-Flair aufkommt.

    „Wenn ich an meine Fahrten durch Russland zurückdenke, erinnere ich mich vor allem der russischen Eisenbahnwagen…In einem russischen Fernzug richtete sich alsbald ein gemütliches Leben ein.“ Fedor Stepun

    Mit Bier und Reiseführer im Zug

    Mit Bier und Reiseführer im Zug

    Genauso ist es. In den Transsibzügen gibt es 3 verschiedene Klassen, wobei die erste Klasse vermutlich nur in den originalen Zügen existiert, zumindest gab es in meinen Zügen nie eine erste Klasse. Die zweite Klasse (Coupé) besteht aus 4-Bett Abteilen. Diese wiederum bestehen aus 2×2 Betten übereinander und einem kleinen Tisch in der Mitte. Eine Schiebetür separiert das Abteil vom Gang. Die dritte Klasse wiederum kann als Großraumwaggon bezeichnet werden. Ein schmaler Gang zieht sich durch den Waggon, an dessen Seite bereits Betten entlang gestaffelt sind. Dazu schließen sich zur anderen Seite offene Abteile mit je 2×2 Betten an. Somit teilt man sich einen Waggon mit schätzungsweise bis zu 40 anderen Personen, woraus sich eine besondere Atmosphäre ergibt, welche man nur in den russischen Zügen erleben kann.

    Dritte Klasse der Transsib

    Dritte Klasse der Transsib

    Die ersten beiden Zugabschnitte wollte ich in der authentischen 3. Klasse (Platzcard) erleben und die Reise war zugegebermaßen nicht sehr komfortabel. Im Gegenteil: Vor Allem wenn man ein oberes Bett im offenen Abteil bekommt kann allein schon das Heraufklettern zu einer anstrengenden Hürde werden. Es gibt lediglich eine kleine Sprosse, mit der man auf das obere Bett gelangt. Darin kann man dann im Grunde genommen auch nur liegen, da bereits 50 cm über dem Bett die Gepäckhalterung beginnt, so dass man sich nur halb aufrichten kann. Da das Bett selbst gerade genug Platz bietet, um darin zu liegen und vl. ein Buch abzulegen, deponiert man sein Handgepäck oben auf diese Gepäckablagerung. Daraus ergeben sich amüsant-anmutende Verrenkungen.

    Schaffnerin und Gäste an einem Bahnsteig

    Schaffnerin und Gäste an einem Bahnsteig

    Hat großen Anteil an der Gemütlichkeit im Zug: Der Warmwasserspender für Tee, Kaffee oder Suppe

    Hat großen Anteil an der Gemütlichkeit im Zug: Der Warmwasserspender für Tee, Kaffee oder Suppe

    Gang im Wagen der 2. Klasse

    Gang im Wagen der 2. Klasse

    Generell kann man in der dritten Klasse unterschiedliche Erfahrungen machen. Von extrem ruhig (wie es bei mir war) bis extrem wild (in vielen Erzählungen gehört) kann einem alles passieren. In meinem Fall war es auf allen teilabschnitten sehr ruhig. Entgegen meiner Erwartungen wurde nirgends Vodka getrunken, nirgends laut gegrölt, oder Party gefeiert. Im Gegenteil: Die Russen gehen sehr behutsam miteinander um, jeder ist darauf bedacht, möglichst wenig zu stören. So war es zumindest immer in meiner Umgebung. Ich würde sogar behaupten, dass solch ein System in Deutschland gar nicht möglich wäre, da sich die Leute spätestens nach einer halben Stunde gegenseitig an die Gurgel gehen würden. Hier reisen die Russen teilweise über Tage auf engstem Raum gemeinsam. Das ist schon sehr beeindruckend.

    Das nennenswerteste auf meinem ersten Teilabschnitt von Moskau nach Nizhnij Nowgorod war eine nette Dame, die mir im Platzcard Abteil gegenüber saß. Voll motiviert nahm ich irgendwann meinen Wörterbuch heraus und zwang ihr ein Gespräch auf: Wie heißt du, woher kommst du, blabla, natürlich alles auf russisch. Weiter kamen wir jedoch nicht, da ich ihre weiteren Fragen nicht verstanden habe und sie kein Wort Englisch sprach. Allerdings ergaben sich im Folgenden einige amüsante Begebenheiten, denn die Dame hat mir unbewusst so ziemlich jede Handlung nachgemacht. Zunächst dachte ich mir, dass ich mir das nur einbilde, aber dies zog sich über die kompletten 6 1/2 Stunden Fahrt: Legte ich mich hin, legte sie sich auch hin. Drehte ich mich auf den Bauch, drehte sie sich auch auf den Bauch. Hab ich mich zum Essen hingesetzt, tat sie es mir gleich. Sie ging nur einmal (selbstständig) auf Toilette. Ansonsten taten wir mehr oder weniger immer das gleiche. Dazu muss man sagen, dass wir beide ein unteres Bett hatten, wo alle Handlungsabläufe deutlich einfacher sind als oberhalb.

    Dorf zwischen Moskau und NN

    Dorf zwischen Moskau und NN

    Landschaftlich tat sich im ersten Streckenabschnitt noch nicht alzu viel, aber man kommt trotzdem nicht umher, die meiste Zeit aus dem Fenster zu schauen und die Landschaft an sich vorbeirauschen zu sehen. Es ging eine gute Stunde durch Moskauer Vororte, danach meist durch eine abwechselnde Landschaft aus Wald und Dörfern. Abends kam ich dann in Nizhnij Nowgorod an, wofür ich ja bereits einen Artikel verfasste.

    Der nächste Streckenabschnitt von NN nach Nowosibirsk sollte der längste werden: 47 Stunden Zugfahrt, eingerichtet in einem oberen Platzcard-Bett. Weniger Komfort geht nicht, zumal der Zug deutlich voller war, als der vorherige. Als ich mein Bett erreichte, fand ich mich in einer Gruppe von Babuschkas wieder, die mir sofort bereitwillig beim Beziehen des Bettes halfen, was von unten gar nicht so leicht ist und von oben aus erst recht gar nicht möglich ist. Besonders gesprächig waren sie dennoch nicht. Allerdings habe ich mittlerweile gelernt, dass man als Frau deutlich leichter mit Einheimischen ins Gespräch kommt. Vor Allem ältere Damen sind gegenüber Männern eher reserviert, während man als Frau sehr herzlich empfangen wird. Naja gut, auch kein Problem für mich. Nett war es trotzdem. Die Zugfahrt ging um 18:30 Uhr los. Zwischendurch bin ich eingeschlafen und als ich aufwachte, merkte ich, dass die eine Babuschka sogar oben auf dem gegenüberliegenden Bett lag. Das finde ich eine sportliche Leistung. Da muss man in dem Alter erstmal hochkommen…

    Ausblick vom oberen Bett in der dritten Klasse

    Ausblick vom oberen Bett in der dritten Klasse

    Der komplette Tag danach verlief seehr ruhig. Der Zug durchquere zunächst den Ural, der entgegen vielleicht mancher Erwartung kein gewaltiges Gebirge ist, sondern eher eine Mittelgebirgslandschaft offenbart. Der Zug schlängelte sich durch zarte Täler, die an manchen Stellen etwas dem Schwarzwald ähneln.

    Der Ural

    Der Ural

    Ich machte es mir an diesem Tag zum Ziel, den Grenzstein, der die geografische Grenze zwischen Europa und Asien markiert, zu fotografieren. Mein Reiseführer hat den genauen Kilometerpunkt beschrieben und wenn man auf der rechten Seite des Zuges aus dem Fenster blickt, sieht man die Kilometersteine in regelmäßigen Abschnitten an sich vorbei ziehen. Je nach Geschwindigkeit des Zuges und nach Nähe des Steines zum Zug, ist es gar nicht so leicht, die Ziffer darauf zu erkennen. Da mir dies zunächst nicht gelang, fragte ich diverse Schaffnerinnen (in den zügen gibt es nur weibliche Schaffner) danach, wann wir ungefähr den Grenzstein passieren. Nachdem ich drei verschiedene Antworten bekam, versuchte ich es dann lieber doch nochmal selbst und konnte dann einen Kilometerstein entziffern. Er sagte mir, dass es noch 280 Km zu gehen sind, was ca. 3 Stunden weitere Fahrt bedeutete. So konnte ich mich zunächst anderen Dingen widmen: Musik hören, lesen, Bier im Speisewagen kaufen…

    Frauen verkaufen getrockneten Fisch am Bahnsteig.

    Frauen verkaufen getrockneten Fisch am Bahnsteig.

    Irgendwann war es dann so weit. Nachdem ich immer wieder die Kilometersteine checken konnte waren wir noch 2 Km vom Grenzstein, ein 4 m hoher Obelisk entfernt. Wir bewegten uns mit ca. 70 KmH, was bedeutete, dass man schnell sein musste, wenn man den Stein fotografieren wollte. Dann war es noch 1 Km und ich hielt meine Kamera bereit….da ist er!! Und genau in dem Moment als ich abdrückte…verdeckte ein Oberleitungspfosten den Obelisken…Ich überlegte, ob ich mich ärgern sollte, oder ob ich es lustig finden sollte und entschied mich für letzteres und habe den Babuschkas versucht zu erklären, was mir gerade passierte…

    Das Meisterwerk...

    Das Meisterwerk…

    In Jekaterinburg stiegen zwei Franzosen dazu, welche die ersten Touristen waren, die mir auf der Fahrt begegneten. Wir quatschten eine Runde und vereinbarten ein gemeinsames Vodkatrinken für den Abend. Wir machten uns dann auf zum Speisewagen und tranken dort einige Runden und unterhielten uns nett. Interessant, dass ich mein erstes Vodkaerlebnis mit zwei Touristen hatte.

    Russen am Bahnhof von Jekaterinburg

    Russen am Bahnhof von Jekaterinburg

    Der Bahnhof von Jekaterinburg

    Der Bahnhof von Jekaterinburg

    Als ich am nächsten morgen aus dem Fenster blickte, bot sich mir ein gespenstiges Bild: Es war neblig und die Landschaft war sumpfig – Wir hatten die sibirische Tiefebene erreicht. Von meinem Reiseführer wusste ich, dass man hier eine flache Ebene dargeboten bekommt, die bis zum Horizont reicht. Der Nebel verdeckte mir jedoch einstweilen die Sicht. Schön anzuschauen war es dennoch.

    Gespenstige Atmosphäre in der sibirischen Tiefebene

    Gespenstige Atmosphäre in der sibirischen Tiefebene

    Der Nebel lichtet sich

    Der Nebel lichtet sich

    Gegen Mittag stiegen zwei Russen in unser offenes Abteil, welches zuvor von 2 der Babuschkas geräumt wurde. Als wir später ins Gespräch kamen, stellte sich heraus, dass die beiden professionelle Eishockeyspieler der ersten russischen Eishockeyliga sind. Ihr Englisch war zwar sehr gebrochen aber wir konnten uns dennoch gut unterhalten und hatten viel Spaß. Das war die netteste Begegnung in der Transsib! Als wir dann gemeinsam in Nowosibirsk ausstiegen waren die beiden mir noch sehr behilflich bei der Wegfindung.

    Die beiden Eishockeyspieler und ich

    Die beiden Eishockeyspieler und ich; Ja es ist verwackelt, aber die Dame war nicht in der Lage, bessere Fotos zu machen 😉

    Der nächste Streckenabschnitt von Nowosibirsk nach Irkutsk sollte 36 Stunden dauern. Diesmal wollte ich die Vorzüge der 2. Klasse kennenlernen, welche nur unwesentlich teurer ist, als die dritte Klasse. Und es stellte sich heraus, dass diese deutlich komfortabler ist. Auf das obere Bett führt eine Leiter, man hat mehr Platz um sein Gepäck zu verstauen, das Bett ist etwas bequemer, man kann die Tür zum Gang schließen und die Luft ist nicht so stickig.

    Deutlich bequemer in der 2. Klasse

    Deutlich bequemer in der 2. Klasse

    Nennenswerte Bekanntschaften machte ich dort jedoch nicht.  Landschaftlich war dieser Streckenabschnitt jedoch sehr hübsch: Die 50 Km nach Krasnojarsk schlängelte sich die Bahn durch enge Täler, deren Hänge viele kleine liebevoll gestaltete Datschen und Häuschen zierten. Hier wechselte sich Schönheit und Verfall in regelmäßigen Abschnitten ab. Während das eine Häusschen hübsch verziert und instand gehalten wird, gleich das nächste Haus einer Bruchbude. Manche Häuser sind halbfertig, ganze Straßenabschnitte scheinen verlassen und in den Gärten liegen kaputte und verrottete Autos oder sonstiger Gerümpel. Hier zeigen sich die Auswirkungen des Zerfalls der Sowjetunion besonders.

    Zerfall auf dem russischen Land

    Zerfall auf dem russischen Land

    Hügel mit Häusschen

    Hügel mit Häusschen

    Nach dem Abstecher auf die Baikalinsel Olchon und nun in Begleitung von Till, ging es im nächsten Streckenabschnitt von Irkutsk nach Ulan-Ude, wo sich die Transsib-Strecken aufteilen. Die originale Strecke verläuft von dort östlich weiter bis nach Wladiwostok. Die transmongolische Route biegt in Ulan Ude Richtung Süden in die Mongolei ab. Auch dieser Streckenabschnitt war besonders schön und Till und ich wechselten immer wieder zwischen den Blickrichtungen hin und her weil, sowohl links vom Zug der Baikalsee, als auch rechts vom Zug die Gebirgslandschaften atemberaubende Blicke darboten. Manchmal führte die Zugstrecke direkt am Ufer des Baikalsees entlang. Auch dieser Streckenabschnitt war ruhig und nach ca. 9 Stunden erreichten wir Ulan Ude.

    ...auf der anderen Seite Gebirgszüge

    …auf der anderen Seite Gebirgszüge

    Auf der einen Seite der Baikalsee...

    Auf der einen Seite der Baikalsee…

    Den bisher letzte Streckenabschnitt beschlossen wir, mit dem Bus zurückzulegen. Die Zugfahrt bis nach Ulan Bator hätte 18 Stunden gedauert, was vor allem an einem sehr langwierigen Grenzprocedere liegt. An der Grenze hat man bis zu 6 Stunden Aufenthalt, bis der Zug endlich die Grenze zur Mongolei passieren kann. Da der Zug darüber hinaus mitten in der Nacht angekommen wäre, entschieden wir uns für den Bus, der knapp 10 Stunden brauchte und dadurch noch abends ankam.

    In Ulan Ude selbst passierte nicht alzu viel, weswegen ich dem Ort keinen eigenen Beitrag widmen werde. Zwei Dinge sind nennenswert: Einerseits ein riesiger Leninkopf, der den zentralen Platz der Stadt ziert. Wir hatten ihn auf ca.7-10 m Höhe geschätzt. Andererseits unsere Suche nach dem Busbahnhof, die sich als alles andere als einfach herausstellte.  Sowohl abends auf der Suche nach dem Busbahnhof, als auch am nächsten morgen, wo wir dann definitiv den Bus nach Ulan Bator nehmen wollten, wurden wir beide Male erstmal an einen „falschen“ Busbahnhof gelotst. Zumindest fuhren dort nicht die Busse ab, die wir brauchten und Tickets konnte man da auch nicht kaufen. Auch die verzweifelten Versuche eines älteren russischen Herrn, halfen uns nicht, den wahren Busbahnhof zu finden. Erst die Gestik einer Dame, welche wir beim zweiten Versuch am nächsten morgen trafen, ab uns die grobe Richtung vor. Als wir dann auf dem Weg noch zwei Russinnen nach „Avtowoksal“ fragten, bestätigten sie uns in unserer Richtung. Dort fanden wir dann tatsächlich den richtigen Busbahnhof samt Bus, der nach UB fahren sollte. Glücklich stiegen wir in den Bus ein. Dieser war bereits sehr exotisch eingerichtet und nicht mehr so ganz mit dem Interieur von westlichen Bussen zu vergleichen. Überall waren verzierte Gardinen aufgehängt und es ergab sich ein asiatisches Setting.

    Das Grenzprocedere dauerte auch mit dem Bus recht lang. Insgesamt mussten wir auf russischer Seite zwei mal den Bus verlassen und dreimal unser Visum vorzeigen. Drogenhunde durchschnüffelten unser Gepäck und wir mussten durch Metaldetektoren. Auf mongolischer Seite mussten wir weitere zwei Male den Reisepass vorzeigen, bis wir endlich die Mongolei betraten.

    Sofort eröffneten sich uns die charakteristischen riesigen, weiten Landschaften, welche ich im Beitrag über die Mongolei noch genauer beschreiben werde.

    Abends kamen wir dann in Ulan Bator an, wo mein Abenteuer in der Mongolei beginnen sollte.



    Erwartungen vollends übertroffen: Der Baikalsee

    13 10 2015

    Sa. 26.9. – Mo 28.9.

    Nach weiteren, eher unspektakulären 36 Stunden Zugfahrt, kam ich morgens um 8 Uhr in Irkutsk an. Das war für mich in sofern etwas Besonderes, da ich dessen eher eigentümlichen Namen schon als Kind auf der Weltkarte kennenlernte. Für mich stand dieser Name für eine Region, die ich sicherlich niemals in meinem Leben besuchen werde und umso erführchtiger machte ich mich dann bei fiesen 5 Grad auf die Suche nach dem Autobahnhof, wo, laut Reiseführer, mich um 10 Uhr ein Minibus auf die Baikalseeinsel Olchon bringen sollte. Selbstbewusst durch meine gesammelten Buserfahrungen aus Nizhnij Novgorod und mithilfe des Reiseführers stieg ich in den Bus, der auch gleich erstmal in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Es bedurfte etwas Hand- und Fusskommunikation um zu erklären, wo ich hinwollte, aber irgendwann war auch diese Hürde genommen und ich befand mich am Avtowoksal – dem Busbahnhof. Am Schalter erklärte ich der mäßig gut gelaunten Dame, dass ich auf die Insel Olchon wollte. Sie tippte hastig den Preis in den Taschenrechner und schleuderte mir „Bus 7, 9 oclock!“ entgegen. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass es 2 Minuten vor 9 war.  Wo ging es doch gleich raus zu den Bussen? So schnell, wie man mit 13+2 Kg Gepäck laufen kann, bin ich wieder durch die Eingangstür und sah von draußen den Busparkplatz komplett umzäumt. Es gab lediglich eine Schranke, über die aus ich, ohne wieder in die Halle zurück zu müssen auf das Gelände des Busparkplatzes hätte gelangen können. Also warf ich meine beiden Rucksäcke über die Schranke und kletterte darüber. Dabei habe ich es geschafft, mich ordentlich mit Schmieröl einzusauen, sodass meine Jacke einen dicken braunen Streifen auf Bauchnabelhöhe zierte. Das Ticket, welches ich in einer Hand hielt, war auch vollkommen versifft. Egal jetzt-du musst den Bus kriegen. Ich war dann auch tatsächlich der letzte und die umstehenden Leute sahen mich etwas verdutzt an. Ich muss wohl wirklich eklig ausgesehen haben…oder einfach nur trottelig. Der Busfahrer wagte gar nicht, das Ticket in die Hand zu nehmen sondern scheuchte mich in den Bus. Minibus, eher gesagt. Ich fand mich auf engstem Raum mit einer Gruppe von Chinesen wieder. So stellte ich mich auf unangenehme 5 Stunden Busfahrt bis zur Insel ein, die aber dann gar nicht so unangenehm wurden. Die Chinesen stellten sich als äußerst gesellig heraus und ein nettes Gespräch ergab sich daraus, dass sie mir ein Bild von Jürgen Klopp vor die Nase hielten und meinten „You look like him“.

    Die Fahrt führte zunächst durch Wälder, eher die Bäume weiten Landschaften platzmachten, die vl. schon einen kleinen Vorgeschmack auf die Mongolei geben sollten. Nach gut 4 Stunden Fahrtzeit erreichten wir den Fähranleger und es war Zeit, sich am Ufer des bereits dort atemberaubenden Baikalsee die Füße zu vertreten. Es sollte eine gute halbe Stunde dauern, bis die Fähre, die uns auf die Insel Olchon bringen sollte, an unserer Uferseite ankam.

    Zeitvertreib während wir auf die Fähre warteten, die uns auf die Insel übersetzen sollte

    Zeitvertreib während wir auf die Fähre warteten, die uns auf die Insel übersetzen sollte

    Auf der Fähre lernte ich auch Frederico kennen, einen mitsechziger Schweizer. Es stellte sich heraus, dass wir uns gemeinsam eine Unterkunft im Hauptort der Insel, Chushir, suchen würden. Die Chinesen hatten deutlich besser geplant und wurden vom Ankunftsort abgeholt, Frederico und ich mussten uns erst noch auf die Suche machen. Wir landeten bei Annas B&B. Anna ist eine nette und typische Babuschka, deren Appartments wir für knapp 10 Euro pro Nacht mieten konnten. Diese befanden sich auf einem sehr chaotischen Gelände mit viel Gerümpel und unbestellten Gemüsefeldern.

    Annas B&No - B

    Annas B&No – B

    Ihr Sohn Max, der leider kein Wort Englisch konnte, war auch stets bemüht, uns das Leben zu erleichtern. Leider stellte sich heraus, dass das B&B zwar ein Bed, jedoch kein Breakfest enthielt…

    3 (sehr harte) Betten für mich allein

    3 (sehr harte) Betten für mich allein

    Den ersten Abend verbrachten Frederico und ich, die nähere Umgebung der Stadt zu erkunden und dem wundervollen Sonnenuntergang zu fröhnen. Dabei bemerkten wir zum ersten Mal die große Anzahl an chinesischen Touristen auf der Insel. Eigentlich waren wir beide (bis auf 3 Holländer, die wir immer wieder trafen) die einzigen westlichen Touristen. Ansonsten traf man ausschließlich Chinesen. Auf einer kleinen Anhöhe östlich der Stadt konnte man Gruppen von ihnen beobachten, wie sie vor dem Sonnenuntergang posen. Vereinzelte, hübsch verkleidete Frauen räkelten sich lasziv in den letzten Sonnenstrahlen und ließen sich dabei bereitwillig ablichten. Dies ergab ein amüsantes Schauspiel.

    CHinesin im Rotlicht

    Chinesin im Rotlicht

    Alzu lange hielten wir es jedoch nicht aus und fanden unsere Bleibe nach Aufgang des an diesem Abend stattfindenden Supermondes wieder.

    Chushir nach Sonnenuntergang

    Chushir nach Sonnenuntergang

    Der sogenannte Supermond

    Der sogenannte Supermond

    Frederico musste am nächsten morgen leider schon zurück aufs Festland aufbrechen, sodass ich mit meiner Chinesengruppe vereinbarte, eine gemeinsame Tour zur Nordspitze der Insel zu machen. Vorher hatte ich jedoch noch ein Problem zu lösen. Da ich wie bereits beschrieben in großer Eile zum Bus gelangte, kam ich nicht dazu, Bargeld abzuheben. Nun gibt es aber auf der Insel keine Bankautomaten, bzw. Möglichkeiten, Geld abzuheben. Ich sah mich vor dem Problem, mein letztes bisschen Bargeld für die Bezahlung der Unterkunft auszugeben und sonst nicht in der Lage zu sein, weitere Aktivitäten außer kostenlosem Spaziergehen zu unternehmen. Zum Glück wird im Reiseführer ein deutscher Tourenanbieter aufgeführt, der zumindest im Sommer die Möglichkeit anbietet, Geld abzuheben. In ihm sah ich also die einzige Möglichkeit Geld abzuheben. Als ich an seinem Haus ankam, und mehrmals gerufen, bzw. geklopft habe, hat sich erstmal nichts getan. Nach einer Weile kam eine verschlafen dreinblickende Dame aus dem Haus, der ich versuchte zu erklären, dass ich Geld zum Abheben benötigte. Sie holte daraufhin ihren Mann, der sich als genau der Deutsche herausstellt, als der er im Reiseführer beschrieben wurde. Auch er schien bereits etwas im Winterschlafmodus zu sein und erklärte mir, dass er keine Möglichkeit mehr sähe mir zu helfen. Aus Angst, nun vollends aufgeschmissen zu sein, hakte ich noch einmal nach und bat ihm mein Bargeld in Euro an, welches er mir, gerne auch zu einem für ihn günstigen Wechselkurs, doch bitte wechseln sollte. Somit tauschte ich quasi 50 Euro in Rubel in einem Gegenwert von 30 Euro um, aber wenigstens hatte ich nun Bargeld um Dinge zu tun. Also schließ ich mich der Chinesengruppe an, um die Tour zum Nordkap zu machen.

    Morgenstimmung in Chushir

    Morgenstimmung in Chushir

    Diese war auch sehr unterhaltsam, lässt sich aber besser durch Bilder erklären. Alles in Allem war es etwas enttäuschend, dass die Fahrer die Gruppen von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt scheuchten und wir jedes Mal großzügige „ten Minut“ bekamen um ein paar gestellte Fotos zu machen. Des Weiteren empfand ich die Chinesen als sehr geräuschvoll, viele liefen mit Musik aus ihren Handylautsprechern umher, was der landschaftlichen Atmosphäre nicht unbedingt zu Gute kam. Ich versuchte trotzdem das beste daraus zu machen, indem ich mich regelmäßig von den anderen entfernte, um meine Ruhe zu haben. Meine Chinesengruppe war dabei noch relativ ruhig, aber da alle Touristengruppen mehr oder weniger gleichzeitig von Attraktion zu Attraktion gekarrt wurden, war das Menschenaufkommen eben immer relativ hoch. 12080718_868601396588027_821626053_n12071652_868594426588724_537144212_n12067773_868594406588726_707332872_n

    Am Nordkap hatten wir gute eineinhalb Stunden Zeit uns die Beine zu vertreten, ehe es Mittagessen gab. Von dort hatte man einen beeindruckenden Ausblick auf die Felsklippen der Insel und auf das imposante Ufer des Baikalsees. In der Regel ging das Ufer nahtlos in Berge über, sodass sich eine regelrechte Wand auf der anderen Seite des Sees aufrichtete. Wundervoll anzuschauen. 12083946_868601339921366_85701418_n - Kopie

    Nach dem Mittagessen gab es noch einige vereinzelte Aussichtspunkte, es ging dann aber stetig Richtung Ausgangspunkt zurück.

    Meine lieben Chinesen

    Meine lieben Chinesen

    Nur Unfug im Kopp

    Nur Unfug im Kopp

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    Abends traf ich mich dann noch mit den Chinesen, um gemeinsam Vodka zu trinken und Unfug mit Google Translate zu treiben. Der Tag schloss mit einem netten Abend.

    Mein Plan für den nächsten Tag sah vor, ein Fahrrad zu mieten um die Insel auf eigene Faust zu erkunden. Aber meine Glückssträhne schien am nächsten morgen gerissen zu sein, denn es sah sehr stark nach Regen, oder gar Schnee aus. Mein Thermometer zeigte 2 Grad an und ich fror bitter. Deswegen habe ich mich eher Hals über Kopf dazu entschieden, die Insel wieder zu verlassen – Eine Impulsentscheidung, welche man manchmal beim Reisen treffen muss. Dazu muss gesagt werden, dass meine Unterkunft wirklich nicht komfortabel war. Mein Zimmer musste ich manuell heizen, indem ich die Heizung an den Strom anschließe. Die Dusche war auch eher provisorisch, deren Wasser aufbereitet werden musste und eine halbe Stunde zum Aufwärmen bedurfte. Kurz – ich hab mich etwas unwohl gefühlt und hatte auch keine Lust, krank zu werden. Also nahm ich den Bus zurück nach Irkutstk um 10 Uhr morgens – etwas zum Leidwesen meiner Chinesen, die den nächsten Tag auch mit mir planten. Wu Dang (oder ihr westlicher, selbsterwählter Name Vanessa) schenkte mir zum Abschied noch ihren Schal, den ich, wie sich noch herausstellen sollte, wirklich sehr gut gebrauchen konnte!

    Typisches Abendessen für mich in Russland: Instant-Nudelsuppe, leckeres, süßes, dunkles Brot und etwas Wurst. Dazu natürlich ein warmes Getränk. Die Russen trinken eher Tee, ich bin mehr der Kaffeemensch

    Typisches Abendessen für mich in Russland: Instant-Nudelsuppe, leckeres, süßes, dunkles Brot und etwas Wurst. Dazu natürlich ein warmes Getränk. Die Russen trinken eher Tee, ich bin mehr der Kaffeemensch

    Auf dem Rückweg im Bus machte ich dann eine weitere wundervolle Bekanntschaft. Ich traf Till, einen Deutschen, der ebenfalls eine Transsibreise unternahm. Wir verstanden uns auf Anhieb und hatten viele gleiche Interessen, sodass die Rückfahrt nach Irkutsk sehr kurzweilig wurde. Wir entschieden dann auch, das selbe Hostel aufzusuchen und verbrachten den Abend gemeinsam mit einer Koreanerin. Wir suchten ein nettes Lokal im Zentrum von Irkutsk auf und hatten leckeres chinesisches Essen.

    Abends buchten wir dann noch das Zugticket nach Ulan Ude. Der Zug sollte bereits am nächsten Tag morgens losfahren.

    Wunderschöne Landschaft auf Olchon

    Wunderschöne Landschaft auf Olchon