Erwartungen vollends übertroffen: Der Baikalsee

13 10 2015

Sa. 26.9. – Mo 28.9.

Nach weiteren, eher unspektakulären 36 Stunden Zugfahrt, kam ich morgens um 8 Uhr in Irkutsk an. Das war für mich in sofern etwas Besonderes, da ich dessen eher eigentümlichen Namen schon als Kind auf der Weltkarte kennenlernte. Für mich stand dieser Name für eine Region, die ich sicherlich niemals in meinem Leben besuchen werde und umso erführchtiger machte ich mich dann bei fiesen 5 Grad auf die Suche nach dem Autobahnhof, wo, laut Reiseführer, mich um 10 Uhr ein Minibus auf die Baikalseeinsel Olchon bringen sollte. Selbstbewusst durch meine gesammelten Buserfahrungen aus Nizhnij Novgorod und mithilfe des Reiseführers stieg ich in den Bus, der auch gleich erstmal in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Es bedurfte etwas Hand- und Fusskommunikation um zu erklären, wo ich hinwollte, aber irgendwann war auch diese Hürde genommen und ich befand mich am Avtowoksal – dem Busbahnhof. Am Schalter erklärte ich der mäßig gut gelaunten Dame, dass ich auf die Insel Olchon wollte. Sie tippte hastig den Preis in den Taschenrechner und schleuderte mir „Bus 7, 9 oclock!“ entgegen. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass es 2 Minuten vor 9 war.  Wo ging es doch gleich raus zu den Bussen? So schnell, wie man mit 13+2 Kg Gepäck laufen kann, bin ich wieder durch die Eingangstür und sah von draußen den Busparkplatz komplett umzäumt. Es gab lediglich eine Schranke, über die aus ich, ohne wieder in die Halle zurück zu müssen auf das Gelände des Busparkplatzes hätte gelangen können. Also warf ich meine beiden Rucksäcke über die Schranke und kletterte darüber. Dabei habe ich es geschafft, mich ordentlich mit Schmieröl einzusauen, sodass meine Jacke einen dicken braunen Streifen auf Bauchnabelhöhe zierte. Das Ticket, welches ich in einer Hand hielt, war auch vollkommen versifft. Egal jetzt-du musst den Bus kriegen. Ich war dann auch tatsächlich der letzte und die umstehenden Leute sahen mich etwas verdutzt an. Ich muss wohl wirklich eklig ausgesehen haben…oder einfach nur trottelig. Der Busfahrer wagte gar nicht, das Ticket in die Hand zu nehmen sondern scheuchte mich in den Bus. Minibus, eher gesagt. Ich fand mich auf engstem Raum mit einer Gruppe von Chinesen wieder. So stellte ich mich auf unangenehme 5 Stunden Busfahrt bis zur Insel ein, die aber dann gar nicht so unangenehm wurden. Die Chinesen stellten sich als äußerst gesellig heraus und ein nettes Gespräch ergab sich daraus, dass sie mir ein Bild von Jürgen Klopp vor die Nase hielten und meinten „You look like him“.

Die Fahrt führte zunächst durch Wälder, eher die Bäume weiten Landschaften platzmachten, die vl. schon einen kleinen Vorgeschmack auf die Mongolei geben sollten. Nach gut 4 Stunden Fahrtzeit erreichten wir den Fähranleger und es war Zeit, sich am Ufer des bereits dort atemberaubenden Baikalsee die Füße zu vertreten. Es sollte eine gute halbe Stunde dauern, bis die Fähre, die uns auf die Insel Olchon bringen sollte, an unserer Uferseite ankam.

Zeitvertreib während wir auf die Fähre warteten, die uns auf die Insel übersetzen sollte

Zeitvertreib während wir auf die Fähre warteten, die uns auf die Insel übersetzen sollte

Auf der Fähre lernte ich auch Frederico kennen, einen mitsechziger Schweizer. Es stellte sich heraus, dass wir uns gemeinsam eine Unterkunft im Hauptort der Insel, Chushir, suchen würden. Die Chinesen hatten deutlich besser geplant und wurden vom Ankunftsort abgeholt, Frederico und ich mussten uns erst noch auf die Suche machen. Wir landeten bei Annas B&B. Anna ist eine nette und typische Babuschka, deren Appartments wir für knapp 10 Euro pro Nacht mieten konnten. Diese befanden sich auf einem sehr chaotischen Gelände mit viel Gerümpel und unbestellten Gemüsefeldern.

Annas B&No - B

Annas B&No – B

Ihr Sohn Max, der leider kein Wort Englisch konnte, war auch stets bemüht, uns das Leben zu erleichtern. Leider stellte sich heraus, dass das B&B zwar ein Bed, jedoch kein Breakfest enthielt…

3 (sehr harte) Betten für mich allein

3 (sehr harte) Betten für mich allein

Den ersten Abend verbrachten Frederico und ich, die nähere Umgebung der Stadt zu erkunden und dem wundervollen Sonnenuntergang zu fröhnen. Dabei bemerkten wir zum ersten Mal die große Anzahl an chinesischen Touristen auf der Insel. Eigentlich waren wir beide (bis auf 3 Holländer, die wir immer wieder trafen) die einzigen westlichen Touristen. Ansonsten traf man ausschließlich Chinesen. Auf einer kleinen Anhöhe östlich der Stadt konnte man Gruppen von ihnen beobachten, wie sie vor dem Sonnenuntergang posen. Vereinzelte, hübsch verkleidete Frauen räkelten sich lasziv in den letzten Sonnenstrahlen und ließen sich dabei bereitwillig ablichten. Dies ergab ein amüsantes Schauspiel.

CHinesin im Rotlicht

Chinesin im Rotlicht

Alzu lange hielten wir es jedoch nicht aus und fanden unsere Bleibe nach Aufgang des an diesem Abend stattfindenden Supermondes wieder.

Chushir nach Sonnenuntergang

Chushir nach Sonnenuntergang

Der sogenannte Supermond

Der sogenannte Supermond

Frederico musste am nächsten morgen leider schon zurück aufs Festland aufbrechen, sodass ich mit meiner Chinesengruppe vereinbarte, eine gemeinsame Tour zur Nordspitze der Insel zu machen. Vorher hatte ich jedoch noch ein Problem zu lösen. Da ich wie bereits beschrieben in großer Eile zum Bus gelangte, kam ich nicht dazu, Bargeld abzuheben. Nun gibt es aber auf der Insel keine Bankautomaten, bzw. Möglichkeiten, Geld abzuheben. Ich sah mich vor dem Problem, mein letztes bisschen Bargeld für die Bezahlung der Unterkunft auszugeben und sonst nicht in der Lage zu sein, weitere Aktivitäten außer kostenlosem Spaziergehen zu unternehmen. Zum Glück wird im Reiseführer ein deutscher Tourenanbieter aufgeführt, der zumindest im Sommer die Möglichkeit anbietet, Geld abzuheben. In ihm sah ich also die einzige Möglichkeit Geld abzuheben. Als ich an seinem Haus ankam, und mehrmals gerufen, bzw. geklopft habe, hat sich erstmal nichts getan. Nach einer Weile kam eine verschlafen dreinblickende Dame aus dem Haus, der ich versuchte zu erklären, dass ich Geld zum Abheben benötigte. Sie holte daraufhin ihren Mann, der sich als genau der Deutsche herausstellt, als der er im Reiseführer beschrieben wurde. Auch er schien bereits etwas im Winterschlafmodus zu sein und erklärte mir, dass er keine Möglichkeit mehr sähe mir zu helfen. Aus Angst, nun vollends aufgeschmissen zu sein, hakte ich noch einmal nach und bat ihm mein Bargeld in Euro an, welches er mir, gerne auch zu einem für ihn günstigen Wechselkurs, doch bitte wechseln sollte. Somit tauschte ich quasi 50 Euro in Rubel in einem Gegenwert von 30 Euro um, aber wenigstens hatte ich nun Bargeld um Dinge zu tun. Also schließ ich mich der Chinesengruppe an, um die Tour zum Nordkap zu machen.

Morgenstimmung in Chushir

Morgenstimmung in Chushir

Diese war auch sehr unterhaltsam, lässt sich aber besser durch Bilder erklären. Alles in Allem war es etwas enttäuschend, dass die Fahrer die Gruppen von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt scheuchten und wir jedes Mal großzügige „ten Minut“ bekamen um ein paar gestellte Fotos zu machen. Des Weiteren empfand ich die Chinesen als sehr geräuschvoll, viele liefen mit Musik aus ihren Handylautsprechern umher, was der landschaftlichen Atmosphäre nicht unbedingt zu Gute kam. Ich versuchte trotzdem das beste daraus zu machen, indem ich mich regelmäßig von den anderen entfernte, um meine Ruhe zu haben. Meine Chinesengruppe war dabei noch relativ ruhig, aber da alle Touristengruppen mehr oder weniger gleichzeitig von Attraktion zu Attraktion gekarrt wurden, war das Menschenaufkommen eben immer relativ hoch. 12080718_868601396588027_821626053_n12071652_868594426588724_537144212_n12067773_868594406588726_707332872_n

Am Nordkap hatten wir gute eineinhalb Stunden Zeit uns die Beine zu vertreten, ehe es Mittagessen gab. Von dort hatte man einen beeindruckenden Ausblick auf die Felsklippen der Insel und auf das imposante Ufer des Baikalsees. In der Regel ging das Ufer nahtlos in Berge über, sodass sich eine regelrechte Wand auf der anderen Seite des Sees aufrichtete. Wundervoll anzuschauen. 12083946_868601339921366_85701418_n - Kopie

Nach dem Mittagessen gab es noch einige vereinzelte Aussichtspunkte, es ging dann aber stetig Richtung Ausgangspunkt zurück.

Meine lieben Chinesen

Meine lieben Chinesen

Nur Unfug im Kopp

Nur Unfug im Kopp

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Abends traf ich mich dann noch mit den Chinesen, um gemeinsam Vodka zu trinken und Unfug mit Google Translate zu treiben. Der Tag schloss mit einem netten Abend.

Mein Plan für den nächsten Tag sah vor, ein Fahrrad zu mieten um die Insel auf eigene Faust zu erkunden. Aber meine Glückssträhne schien am nächsten morgen gerissen zu sein, denn es sah sehr stark nach Regen, oder gar Schnee aus. Mein Thermometer zeigte 2 Grad an und ich fror bitter. Deswegen habe ich mich eher Hals über Kopf dazu entschieden, die Insel wieder zu verlassen – Eine Impulsentscheidung, welche man manchmal beim Reisen treffen muss. Dazu muss gesagt werden, dass meine Unterkunft wirklich nicht komfortabel war. Mein Zimmer musste ich manuell heizen, indem ich die Heizung an den Strom anschließe. Die Dusche war auch eher provisorisch, deren Wasser aufbereitet werden musste und eine halbe Stunde zum Aufwärmen bedurfte. Kurz – ich hab mich etwas unwohl gefühlt und hatte auch keine Lust, krank zu werden. Also nahm ich den Bus zurück nach Irkutstk um 10 Uhr morgens – etwas zum Leidwesen meiner Chinesen, die den nächsten Tag auch mit mir planten. Wu Dang (oder ihr westlicher, selbsterwählter Name Vanessa) schenkte mir zum Abschied noch ihren Schal, den ich, wie sich noch herausstellen sollte, wirklich sehr gut gebrauchen konnte!

Typisches Abendessen für mich in Russland: Instant-Nudelsuppe, leckeres, süßes, dunkles Brot und etwas Wurst. Dazu natürlich ein warmes Getränk. Die Russen trinken eher Tee, ich bin mehr der Kaffeemensch

Typisches Abendessen für mich in Russland: Instant-Nudelsuppe, leckeres, süßes, dunkles Brot und etwas Wurst. Dazu natürlich ein warmes Getränk. Die Russen trinken eher Tee, ich bin mehr der Kaffeemensch

Auf dem Rückweg im Bus machte ich dann eine weitere wundervolle Bekanntschaft. Ich traf Till, einen Deutschen, der ebenfalls eine Transsibreise unternahm. Wir verstanden uns auf Anhieb und hatten viele gleiche Interessen, sodass die Rückfahrt nach Irkutsk sehr kurzweilig wurde. Wir entschieden dann auch, das selbe Hostel aufzusuchen und verbrachten den Abend gemeinsam mit einer Koreanerin. Wir suchten ein nettes Lokal im Zentrum von Irkutsk auf und hatten leckeres chinesisches Essen.

Abends buchten wir dann noch das Zugticket nach Ulan Ude. Der Zug sollte bereits am nächsten Tag morgens losfahren.

Wunderschöne Landschaft auf Olchon

Wunderschöne Landschaft auf Olchon

 



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